Ihr international – sei es mithilfe des PCT-Vertrags, des Madrider Abkommens, des Haager Musterabkommens, des Europäischen Patenübereinkommens oder der Unionsmarkenverordnung – geschütztes geistiges Eigentum nutzen und vermarkten Sie bereits über Grenzen hinweg. Doch welche Streitbeilegungsklausel haben Sie eigentlich in Ihren grenzüberschreitenden Lizenzverträgen, Abgrenzungs-, Forschungs- oder Entwicklungsvereinbarungen unterzeichnet? Unterliegen daraus potentiell erwachsende Streitigkeiten vielleicht der Ihnen völlig unbekannten Gerichtsbarkeit des Heimatlandes Ihres Vertragspartners? Oder wurde etwa eine sog. Schieds- oder Schlichtungsklausel oder gar eine Klausel für das Gutachterverfahren der WIPO vereinbart?

Häufig werden solche Fragen neben all den grundlegenden Vereinbarungen betreffend Lizenzgebühren, Lieferbedingungen, Qualitätssicherung, Reichweite von Verzichtserklärungen und KnowHow-Geheimhaltung in den Hintergrund gedrängt und entsprechende Regelungen im Vertrag schlichtweg überflogen und unterzeichnet. Ihre enorme Wichtigkeit zeigt sich allerdings im Streitfall, in dem von der jeweiligen Unterwerfungsklausel schließlich die effiziente und effektive Durchsetzung Ihrer Rechte abhängen kann.

Aus diesem Grund möchten wir Ihnen im Folgenden Schiedsgerichtsverfahren, Mediation und Gutachterverfahren als die wesentlichen Mechanismen der sog. außergerichtlichen Streitbelegung (engl.: Alternative Dispute Resolution (ADR)) der WIPO (Weltorganisation für geistiges Eigentum) näher bringen, damit Sie bei einem Blick in Ihre bereits bestehenden, grenzüberschreitenden Verträge wissen, welcher Streitbeilegungsmethode genau Sie sich für den Streitfall eigentlich unterworfen haben oder in zukünftigen Verträgen mit entsprechendem Hintergrundwissen die für Sie erfolgversprechendste Methode wählen können.

Zunächst ist dabei für jede Art der außergerichtlichen Streitbeilegung die Unterwerfung beider Parteien unter ebendiese Maßnahme, das heißt ihre ausdrückliche Zustimmung, erforderlich. Dies können die Beteiligten entweder bereits vor dem Streit vertraglich festlegen oder ein entsprechendes Übereinkommen nach Ausbruch des Streites schließen, in dem ihr beidseitiges Einverständnis zur Durchführung des Verfahrens festgehalten wird. Entsprechende Vorlagen stellt die WIPO auf Ihrer Website bereit.

„Für jede Art der außergerichtlichen Streitbeilegung ist die ausdrückliche Zustimmung beider Parteien erforderlich.“

Haben sich die Parteien dabei auf die Anrufung des Schiedsgerichtes geeinigt, wird die Streitigkeit dann einem oder mehreren Schiedsrichtern vorgelegt, die diese – ähnlich einem Gericht – verbindlich entscheiden. Anders als bei einem staatlichen Gericht ist es den Parteien allerdings vorbehalten, die Schiedsrichter, das anwendbare Recht, die Verfahrenssprache und den Verfahrensort frei zu wählen. Dies dient der Vermeidung von „Heimvorteilen“ einer Partei und garantiert die Neutralität des Schiedsgerichtsverfahrens. Zugleich ist das Verfahren ausweislich der Regeln für das Schiedsgerichtsverfahren der WIPO streng vertraulich. Die Beteiligten dürfen Außenstehende grundsätzlich nicht einmal über die Existenz eines solchen Verfahrens, geschweige denn über während des Verfahrens gemachte Offenlegungen oder das Resultat in Kenntnis setzen. Der Schiedsspruch – entsprechend dem nationalen Gerichtsurteils – schließlich ist final, das heißt er kann nur unter sehr engen Voraussetzungen aufgehoben werden, und ist meist problemlos in anderen Ländern vollstreckbar, da nationalen Gerichten unter dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche mit 157 Vertragsstaaten nur unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit eingeräumt wird, solche Schiedssprüche außer Acht zu lassen. Zu beachten ist beim Schiedsgerichtsverfahren schließlich, dass gemäß des Grundsatzes des gegenseitigen Einvernehmens (s.o.) ein solches Verfahren zwar nur stattfinden kann, wenn beide Parteien zugestimmt haben, eine einseitige Beendigung jedoch – wie beim Gutachterverfahren und anders als bei der Mediation (dazu sogleich) – nicht möglich ist.

„Eine einseitige Beendigung des Schiedsgerichts- und des Gutachterverfahrens ist nach Beginn nicht mehr möglich. Das Schlichtungsverfahren kann hingegen nach der ersten Sitzung jederzeit von einer der Parteien abgebrochen werden.“

Haben sich die Parteien hingegen auf die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens (Mediation) geeinigt, wählen Sie einen neutralen Vermittler, der auf demjenigen Wege und in demjenigen Umfang in das Verfahren miteinbezogen wird, den die Parteien untereinander vereinbaren. Dabei steht Ihnen auch die Gestaltung des Ablaufs der Mediation überwiegend frei – sie sind weder gezwungen, das Resultat des Verfahrens (i.d.R. ein (Schlichtungs-)Vertrag) anzunehmen, noch das Verfahren nach der ersten Sitzung fortzuführen; eine einseitige Beendigung ist hiernach vielmehr jederzeit möglich. Auch können die Parteien nicht gezwungen werden, von ihnen als vertraulich eingestufte Informationen offenzulegen; sollten solche hingegen bekanntgegeben werden, unterliegen diese – wie auch Existenz und Resultat des Verfahrens (vgl. oben) – strengen Vertraulichkeitsregelungen. Als einem ausdrücklich interessen-basierten Verfahren ermöglicht die Mediation dabei ohne Weiteres die Einbeziehung wirtschaftlicher Interessen in die Lösungsfindung, wohingegen im Gerichtsprozess oder Schiedsgerichtsverfahren das Resultat ausschließlich von Fakten und dem anwendbaren Recht bestimmt wird.

Bei der Wahl des Gutachterverfahrens als drittem außergerichtlichen Streitbeilegungsmechanismus der WIPO erfolgt schließlich die Erstellung eines Gutachtens durch einen oder mehrere Experten, wodurch die Klärung einzelner Rechts- oder Tatsachenfragen ermöglicht wird. Auch im Rahmen dieser außergerichtlichen Streitbeilegungsmethode wird die Vertraulichkeit der Existenz des Verfahrens, der Offenlegungen während desselben sowie dessen Ergebnis durch die Regeln für das Gutachterverfahren der WIPO besonders geschützt. Das Ergebnis des Verfahrens hat verbindliche vertragliche Wirkung zwischen den Parteien, es sei denn, sie vereinbaren etwas Abweichendes, wie beispielsweise die Begrenzung der Wirkung auf die einer Empfehlung. Das Verfahren ist dabei informaler und zügiger als beispielsweise ein Schiedsgerichtsverfahren und damit besonders flexibel. Die einseitige Beendigung durch eine Partei ist jedoch auch hier nicht möglich.

Die WIPO betont, dass die von ihr angebotenen alternativen Streitbeilegungsmechanismen weitaus effizienter und kosteneffektiver seien als nationale Gerichtsverfahren. Insbesondere zeige die Erfahrung, dass nationale Gerichtsprozesse im Bereich des geistigen Eigentums oft in der Schließung eines Vergleichs endeten. Das Schlichtungsverfahren führe indes mit dem (Schlichtungs-)Vertrag zum gleichen Ergebnis, habe jedoch neben den o.g. Vorteilen den Vorzug, dass es zugleich die (guten) Beziehungen der Parteien untereinander erhalte oder gegebenenfalls sogar verbessere, indem ein Resultat gewählt werden könne, welches sich nicht nur am bisherigen Handeln der Parteien orientiert, sondern ebenso zukünftige Geschäftsbeziehungen im Blick hat. Wer die Unverbindlichkeit dieses Verfahrens hingegen als nicht zielführend genug erachte, dem stehe in jedem Fall weiterhin die Möglichkeit eines Schiedsgerichts- oder Gutachterverfahrens offen, welches ein verbindliches Resultat liefere, zugleich aber insbesondere die Neutralität des Verfahrens und damit eine gewisse Vorhersehbarkeit des Ergebnisses garantiere.

Ob Sie der Argumentation der WIPO im Einzelnen folgen oder nicht, bleibt Ihnen überlassen, in einem Punkt ist der WIPO hingegen unstreitig zuzustimmen: „Intellectual property rights are as strong as the means to enforce them“ (dt.: „Geistige Eigentumsrechte sind so stark wie die Mittel zu ihrer Durchsetzung“). Und um eine effektive und effiziente Durchsetzung Ihrer internationalen Schutzrechte sicherzustellen, lohnt sich ein Blick in den Abschnitt zur Streitbeilegung in Ihren grenzüberschreitenden Verträgen garantiert.